Die Krux mit der Evaluation – Nutzen einer DiGA?
Auch nach mehr als einem Jahr DiGA-Verzeichnis (1) ist offen, ob der vom BfArM aufgezeigte Weg geeignet ist, digitale Innovationen im “Fast Track” in die Regelversorgung und damit zu den Patienten zu bringen (2).
Bald ist DiGA-Bescherung
Die erste DiGA, die nach einer 12-monatigen Erprobungsphase zeigen muss, ob sie dauerhaft den Sprung ins DiGA-Verzeichnis schaffen kann, ist die Kalmeda-App (3), eine App, die die Belastungen durch störende Ohrgeräusche lindern soll. 12 Monate Zeit sind nicht viel für die Evaluation einer komplexen Intervention wie einer digitalen Anwendung, deren Wirkung von vielen Einflussgrößen abhängt. Dass es eine Fristverlängerung um weitere 3 Monate braucht, liegt auf der Hand. Für die erste, im DiGA-Verzeichnis gelistete App, läuft diese zum 24.12.2021 aus. Dann ist DiGA-Bescherung – ein Realitätscheck, der mit Spannung erwartet wird. Funktioniert der vom BfArM aufgesetzte Prozess zur Erprobung tatsächlich? Lassen sich innerhalb von 12 Monaten genügend Patienten rekrutieren, um signifikante, positive Versorgungseffekte nachweisen zu können?
Geld für DiGAs ohne Evidenz?
Die Studienlage für die gelisteten DiGAs ist dünn, die meisten DiGA-Studien (n=20) sind lediglich in Planung (4). Klinische Evidenz von DiGAs wird in der Erprobungsphase generiert, das spart Zeit und Geld, soll die Patientensicherheit jedoch nicht gefährden. Deshalb ist die Eintrittshürde ins Verzeichnis extrem hoch angelegt – und lediglich Medizinprodukte mit geringem Risiko, deren Leistungsfähigkeit und Sicherheit ihre Hersteller im Rahmen der Zertifizierung dokumentiert haben (gilt für alle DiGAs der MDD Risikoklasse I), kommen als App auf Rezept überhaupt in Frage (2). Nur diesen Apps wird die Möglichkeit eingeräumt, klinische Studien zum Nutzennachweis in einer von der GKV-finanzierten Erprobungsphase durchzuführen.
Was darf eine DiGA kosten?
Über die Höhe eines angemessenen Preises scheiden sich die Geister: Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen warnt vor unkontrollierter Verordnung von DiGAs und sieht eine Ausgabelawine auf die Kassensysteme zu rollen und fordert ein „Höchstpreis-Modell (6). Die Vertreter der Ärzteschaft kalkulieren einen Milliardenmarkt (7,8). Tatsächlich nehmen sich die Verordnungen innerhalb eines Jahres eher bescheiden aus, der Hersteller der Kalmeda-App gibt sie mit 10.000 an, d. h. lediglich 0,5 Prozent der aktuell aufgrund einer Tinnitus-Erkrankung behandelten Patienten erhält diese DiGA (9). Trotzdem geht die Angst vor Fehlversorgung durch DiGAs um, die KBV winkt mit dem Hinweis auf das Wirtschaftlichkeitsgebot, das auch für Digitale Gesundheitsanwendungen gelte (10).
DiGA Hersteller stöhnen unter der hohen Kostenlast
Eine digitale Anwendung als Medizinprodukt zu zertifizieren, klinische Studien zum Nutzennachweis zu führen und ein Vermarktungskonzept aufzusetzen für eine ganz neue Produktklasse - das alles verschlingt riesige Budgets. Nur ein kleiner Kreis von Herstellern geht hier ins Risiko - keiner der großen etablierten Arzneimittel- oder MedTech-Unternehmen ist dabei (5). Es sind Unternehmen, die auf die Risikobereitschaft von Investoren setzen. Und diese wittern Chancen, so dass die Zahl der digitalen Anwendungen, die formal gemäß §33a SGB V die Voraussetzungen für eine DiGA-Antragstellung mitbringen, dynamisch wächst (11). Die Erstattung im Rahmen der Regelversorgung und der Zugang zu 73 Mio. gesetzlich Versicherten, ist verlockend.
Digital Health Literacy - ein dickes Brett für Innovatoren
Dass die "richtige" App zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Patienten verordnet werden kann, setzt Lern- und Veränderungsbereitschaft sowohl bei Arzt bzw. Psychotherapeut als auch bei Patienten voraus. Für alle Beteiligten bedeuten digitale Therapien Neuland, sie müssen diese neuen Tools - dauerhaft - nutzen können und wollen. Deshalb braucht es - trotz Rückenwind vom Gesetzgeber - vor allem Maßnahmen zum Ausbau der Digitalen Gesundheitskompetenz, die Vertrauen schaffen und die Akzeptanz von DiGAs stärken, damit diese als Bausteine in der Therapieplanung und Therapieführung genutzt werden.
DiGA: Kein Sprint - eher Langstrecke!
- Ja, der Turbo für digitale Innovationen ist mit dem DVG und dem Start des DiGA-Verzeichnis vor 12 Monaten gezündet.
- `Ja, es kommt was an im DiGA-Verzeichnis: Immerhin 24 digitale Gesundheitsanwendungen in 12 Monaten, aber es kommt noch wenig bei den Patienten an (12).
- Noch offen: Die Evaluation von digitalen Gesundheitsanwendungen ist weiterhin auf dem Prüfstand und damit auch der Prozess der Preisfindung (13).
- Noch strittig: Der faire Preis einer DiGA. Eine digitale Therapie soll nicht mehr, aber auch nicht weniger kosten dürfen als eine "nicht-digitale" Versorgungsalternative, wenn sie so wirksam und sicher ist, wie diese. Dieser Nachweis steht für den Großteil der DiGAs weiter aus.
Die Autorin dieses Beitrags, Dr. Ursula Kramer, Partnerin im Netzwerk der Healthcare Shapers, berät Unternehmen bei der Entwicklung, Zertifizierung und Evaluation sowie bei der Vermarktung digitaler Medizinprodukte. Zu ihren Kunden zählen Startups sowie etablierte MedTech-Unternehmen, die mit digitalen Anwendungen den Schritt in Richtung integrierte Versorgungskonzepte gehen. Die Digital Health Expertin hat bereits vor 10 Jahren die Qualitätsplattform für Gesundheitsapps HealthOn gegründet und gestaltet seither - im besten Sinne eines Healthcare Shapers - mit Expertise und Leidenschaft die Zukunft der digitalen Gesundheitsversorgung. Mehr zu DiGAs, Apps und Co. auf Healthon.de
Quellen:
- „Apps auf Rezept“: DiGA-Verzeichnis des BfArM ist online: AOK Gesundheitspartner (abgerufen am 06.10.2021)
- Digitale-Versorgung-Gesetz DVG (Stand 11.2019, abgerufen am 06.10.2021)
- Kalmeda - die mobile Tinnitus-Therapie auf Rezept (abgerufen am 06.10.2021)
- HealthOn DiGA Dashboard (Stand 06.10.2021)
- DiGA-Verzeichnis BfArM (Stand 06.10.2021)
- Kassenkritik an DiGA: Zentrale Anforderung ist medizinischer Nutzen. Ärzte Zeitung. (Stand 15.01.2021, abgerufen am 06.10.2021)
- KV-App-Radar (zi.de) (abgerufen am 06.10.2021)
- Grundlage der vom ZI (Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland) errechneten Patientenzahl für DiGAs: FAQ des Portals kvappradar (abgerufen am 06.10.2021)
- DiGA – noch längst keine Überflieger (aerztezeitung.de) (abgerufen am 08.10.2021)
- Praxis-Info 07/2021 Digitale Gesundheitsanwendungen Digitale Gesundheitsanwendungen (kbv.de) (abgerufen am 06.10.2021)
- HealthOn Markstudie Medizin-Apps CE 06/2021
- SBK-Digitalisierungsticker. 10/2021 (abgerufen am 06.10.2021)
- Rahmenvereinbarung zu den Vergütungsbeträgen der DiGA vorgelegt (aerzteblatt.de) (abgerufen am 06.10.2021)
- Veröffentlicht in Digitalisierung, E-Health, Mobile
Human Factor – blinder Fleck in Sachen „Digitale Gesundheit“?
Ein gelungener Jahresauftakt: Pflegebedürftige können Apps auf Kosten der Kassen nutzen. Das elektronische Rezept wird künftig mit einer Online-App in der Apotheke eingelöst. Arbeitsunfähigs-keitsbescheinigungen können elektronisch ausgestellt und an den Arbeitsgeber übermittelt werden. Nicht zuletzt: Die seit mehr als 10 Jahre entwickelte elektronische Patientenakte (ePA) startete im Januar mit einer ersten Live-Version. Die elektronische Patientenakte enthält Arztbriefe, Laborergebnisse, zukünftig auch OP-Berichte und Medikamentenpläne. Ärzte, Krankenhäuser und Patienten sollen vom digitalen Austausch profitieren. Sollen oder können? Wenn sie denn können.
„Digitale Gesundheitsanwendungen haben grundsätzlich ein großes Potential“ [1]
Doch ohne Zugangsmöglichkeiten, Bereitschaft und Kompetenz der Anwender, diese individuell und zielgerichtet zu nutzen, werden sie ihre Wirkung nicht entfalten können. Und diese Hürde betrifft alle – Ärzte, Therapeuten, Personal von Laboren, Krankenversicherungen gleichermaßen wie Patienten und Versicherte.
„Wenn die Digitalisierung die medizinische Versorgung verbessern soll, brauchen wir eine soziale Innovation.“ [2]
Bereits vor anderthalb Jahren stellte die Techniker Krankenkasse in den Ergebnissen ihrer Studie „TK-DiSK: Digital. Selbstbestimmt. Kompetent“ fest, dass neben den technologischen Voraussetzungen (Fähigkeiten, Zugang, ökonomische Möglichkeiten)der „Digitalen Gesundheitskompetenz“ (Digital Health Literacy) zwar ein hoher Stellenwert zugeschrieben wird, andererseits es kaum eine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Thema gibt. Ein Blick auf die eher geringe Nutzung der Corona-Warn App oder auf die noch wenigen vorhandenen Video-Sprechstunden, zeigt, dass sich seither wenig geändert zu haben scheint. Ein blinder Fleck?
In Sachen Gesundheit haben wir über Jahrzehnte gelernt, das Expertentum zu fördern und die (eigene oder organisationale) Verantwortung abzugeben.
Um den Nutzen der Digitalisierung auszuschöpfen, ist es elementar, dass Patienten und Anwender die Verantwortung wieder zurücknehmen, neu lernen und bereit sind, damit umzugehen. Damit digitale Angebote wie die ePA einen Nutzen für den Einzelnen, die Organisationen und die Gesellschaft bringen, bedarf es einer Transformation von passiven zu aktiven, eigenverantwortlichen Akteuren.
Dabei geht es im ersten Schritt um den Erwerb von Fähigkeiten, die den Prozess der Übernahme der Eigenverantwortung fördern (Empowerment), wie z.B. [3]
- Gesundheitskompetenz: Die Fähigkeit, auf die für sie passende Gesundheitsinformationen zuzugreifen, diese zu analysieren und zu verstehen, um die richtigen Entscheidungen für ihre Gesundheit zu treffen.
- Beteiligung/Teilnahme: die Fähigkeit, Entscheidungen gemeinsam mit dem medizinischen Personal zu treffen und aktive Partner bei der Auswahl von medizinischen Optionen und bevorzugten Verläufen der klinischen Versorgung zu sein.
- Überblick/Kontrolle: Die Fähigkeit, den Überblick über ihr Gesundheitsmanagement zu haben, um ihre Abhängigkeit von Ärzten zu reduzieren und eine bessere Lebensqualität zu erlangen.
- Kommunikation: Die Fähigkeit, effektiv und effizient mit medizinischem Fachpersonal zu kommunizieren. Dies ist ein wechselseitiger Prozess, bei dem z.B. Patienten in der Lage sind, detaillierte Erklärungen zu ihren Symptomen abzugeben, Überlegungen und Präferenzen äußern; das Gegenüber muss ebenso in der Lage sein, dialoghaft zu kommunizieren und auf das Gehörte einzugehen.
- Digitale Kompetenz: Die Fähigkeit, Wissen durch Information und Kommunikation über digitale Medien zu erwerben und zu teilen. Der Zugang zu Wissensressourcen mit Hilfe digitaler Medien, die Integration und das Management des Wissens sowie die Evaluation sind dabei zu berücksichtigen.
Im nächsten Schritt geht es um die Bildung der “Digitalen Gesundheitskompetenz”.
Sie ist weitaus mehr ist als die Summe der o.g. Gesundheitskompetenz und der Digitale Kompetenz. Es geht um den bewussten und selbstbestimmten Umgang mit digitalen Gesundheitsangeboten. Dazu zählen e-Health Apps, Online-Informationen bis hin zum Management der eigenen Gesundheitsdaten. [4]
Erst darauf aufbauend wird ein Wertschöpfungsprozess der investierten Ressourcen möglich sein.
Dann, wenn die Anwender nicht nur die Verantwortung, z.B. für das Management ihrer eigenen Daten übernehmen, sondern auch bereit sind, durch Interaktion, in einem iterativen Prozess mit dem Anbieter/ dem Angebot (Shared Value/ Value Co-Creation), den jeweils für sie größten individuellen Nutzen, den die digitalen Gesundheitsangeboten bieten, auszuloten [5]. Für den Erfolg eines digitalen Gesundheitstools bedarf es zusätzlich
- Partizipationsverhalten: Verhalten während der Tool-Nutzung, wie die Nutzung der Interaktionen, die aktive Suche nach Informationen, das Gestalten des Informationsaustausches, ebenso wie ein verantwortungsbewusstes Handeln und positive Einstellung während der Interaktionen.
- Gemeinwohl-Verhalten: Verhalten über die Anwenderrolle hinaus, die einen Wert für die Organisation und die Gesellschaft darstellen, wie das Geben von Feedback, die Unterstützung anderer Nutzer, Toleranz gegenüber Servicefehlern, Bereitstellung von ausgewählten Daten für Forschungszwecken.

©Eigene Darstellung (in Anlehnung an Forschungsmodell von Russo et. al, Sustainability 2019, 11, 1315)
Es ist es dringend an der Zeit, nun auch den bisher ausgeblendeten „Human Factor“ strukturiert und gezielt mit umfangreichen Investitionen zu stärken.
In den Wechselwirkungen von steigendem Empowerment, einer wachsenden Digitalen Gesundheitskompetenz und eines bewusst gestalteten Shared Value Prozesses kann eine nachhaltige Wertschöpfung der digitalen Anwendungen für die individuelle Gesundheit und des Gesundheitssystems als Ganzes erreicht werden.
Wie das gelingen kann?
Damit beschäftigt sich Dr. Andrea Jahnen, Partnerin im Netzwerk der Healthcare Shapers. Sie ist spezialisiert auf Sustainable Healthcare und berät als Expertin für Nachhaltigkeit in der Gesundheitswirtschaft Unternehmen und Verbände.
Quellen
- Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der Krankenkassen, in: Die Pflege soll digitaler werden, FAZ, 21.01.21
- Samerski S, Müller H (2019): Digitale Gesundheitskompetenz in Deutschland – gefordert, aber nicht gefördert? Ergebnisse der empirischen Studie TK-DiSK. ZEFQ 149
- Hinweis: die hier genannten Begriffe beziehen sich auf qualitative Fähigkeiten, die komplexer sind als in diesem Rahmen beschrieben werden kann, zudem sind die Fähigkeiten in ihrer Ausprägung quantitativ kaum messbar.
- Vgl. auch: https://www.tk.de/presse/themen/digitale-gesundheit/e-health-position/digitale-gesundheitskompetenz-2058842
- Vgl. auch Giuseppe Russo, Andrea Moretta Tartaglione and Ylenia Cavacece, Empowering Patients to Co-Create a Sustainable Healthcare Value, Sustainability 2019, 11, 1315; doi:10.3390/su11051315; www.mdpi.com/journal/sustainability diese ReviewStudie hat aufgezeigt, dass es über ein Empowerment von Patienten möglich ist, diese aktiv in den Wertschöpfungsprozess einzubinden
- z.B. https://www.bioconvalley.org/projekte/abgeschlossene-projekte/ic-health
- Veröffentlicht in Digitalisierung, E-Health
Durchblick in Sachen App auf Rezept?
Das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) und die vor kurzem verabschiedete Rechtsverordnung (1) macht den Weg frei für Digitale Gesundheitsanwendungen auf Rezept (DiGA). Die Ausgestaltung der grundsätzlichen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen an DiGAs ist mit der Veröffentlichung des BfArM-Leitfadens (2) nun festgelegt. Digitale Innovationen können nun unter Umgehung des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) innerhalb von 12 Monaten in einem verkürzten Verfahren – dem sog. Fast Track – neue Bausteine in der Regelversorgung werden. Beim DiGA Summit des Health-Innovation-Hubs – hih-2025 (3), wurde die Eckpunkte des neuen Gesetzes und des DiGA-Leitfadens vorgestellt. Über 1.500 Teilnehmer haben die Gelegenheit genutzt, ihre Fragen zu stellen. Nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) haben bereits 200 Hersteller ihr Interesse an einer Antragstellung auf Listung im DiGA-Verzeichnis.
Nach dem DiGA-Summit ist vieles klarer
Was genau ist eine DiGA, denn anders als das diese Abkürzung vielleicht suggerieren mag, ist nicht jede digitale Gesundheitsanwendung per se eine DiGA. Nur ein kleiner Teil dieser Anwendungen erfüllt die formalen Voraussetzungen für eine Listung und für den Zugang zur Regelversorgung im sog. Fast Track Verfahren. Auch welche Selbstangaben vom Hersteller verlangt werden beim ausschließlich digitalen Antragsverfahren zur Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis und wie der Prüfprozess beim BfArM ablaufen soll, liegt nun konkret auf dem Tisch.
Offene Fragen und Unsicherheit bleiben: Wie gelingt der Nutzennachweis?
Etwas mehr Kreativität und Spielraum bei der Interpretation der im Leitfaden definierten Anforderungen verlangt das BfArm den Herstellern beim methodischen Nachweis der positiven Versorgungseffekte ab. Dieser Nachweis ist für eine dauerhafte Listung im DiGA-Verzeichnis erforderlich. Vorab braucht es ein plausibles Evaluationskonzept, das der Hersteller mit dem Antrag einreichen muss. Dann hat er 12 Monate Zeit, um die erforderlichen Daten zu generieren. Für jeden Versorgungseffekt und jede Indikation, die über die Zweckbestimmung der als Medizinprodukt zertifizierten Gesundheitsapp abgedeckt sein muss, ein Studiennachweis! Das klingt nach hoher Komplexität… Und jeder, der sich mit Statistik auskennt, weiß, wie viele Probanden man braucht, um Effekte, insbesondere wenn diese klein sind, überzeugend nachweisen zu können. Bei einer komplexen Intervention, wie einer digitalen Anwendung, spielen außerdem viele Einflussgrößen mit ins Ergebnis: Die Arzt-Patienten-Interaktion, die Vorerfahrung von Patienten mit Apps, die Gesundheitskompetenz. Man darf gespannt sein, wie überzeugend die Datenbasis für die gelisteten DiGAs nach 12 Monaten sein wird.
Die heißen Eisen – beim DiGA-Summit ausgeklammert!
Natürlich ist der schnelle Zugang zu einem Markt mit 73 Mio. Versicherten verlockend, vorausgesetzt, die zu erzielenden Preise stehen in einem guten Verhältnis zu den Kosten und Pflichten, die mit einer Listung im DiGA-Verzeichnis auf die Hersteller zukommen: Hohe Kosten für die Zertifizierung einer digitalen Gesundheitsanwendung als Medizinprodukt, Gebühren für die Beratungen bei BfArM sowie für die Antragstellung, Kosten für die Produktüberwachung und große Dokumentationspflichten nach der Listung. Dazu kommt die Unsicherheit, welche Veränderungen an einer App die erneute Antragstellung zur Folge haben, d. h. wie eng das BfArm das regulatorische Korsett schnüren wird? Orientiert es sich an den Regularien der MDD für „wesentliche Änderungen“? In diesem Punkt hält sich das BfArM noch bedeckt.
Zeitplan: Listung der ersten DiGA im August 2020?
- Der Leitfaden vom BfArm zur Rechtsverordnung kann noch bis 26.04.2020 kommentiert werden.
- Zu ersten Beratungsgespräche beim BfArm können sich Hersteller ab 5. Mai 2020 anmelden.
- Die ersten Anträge auf Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis können Mitte Mai gestellt werden. Ab diesem Zeitpunkt steht das Antragsformular auf der Website beim BfArM bereit, so dass die formalen Voraussetzungen für das digitale Antragsverfahren geschaffen sind.
- 3 Monate hat das BfArM dann maximal Zeit für die Prüfung der Anträge, d. h. die Prüfung der Selbstangaben des Herstellers auf Vollständigkeit sowie für den Plausibilitätscheck zum Nachweis positiver Versorgungseffekte.
- Voraussichtlich im August 2020 wird das DiGA-Verzeichnis dann mit der Listung der erste DiGA an den Start gehen, die dann auch vom Arzt verordnet oder von der Krankenkasse nach Prüfung der Indikationsstellung erstattet werden kann. Vermutlich wird es eine vorläufige Listung sein. Denn nur wenige DiGA-Anwärter werden bereits bei Antragsstellung die klinische Wirksamkeit in überzeugenden Vergleichsstudien nachweisen können (4).
- Wesentliche Änderungen an der gelisteten DiGA müssen beim BfArM angezeigt werden und erfordern u. U. eine erneute Antragstellung, wenn z. B. die Zweckbestimmung des digitalen Medizinprodukts verändert wird. Welche Änderungen vom BfArM als „wesentliche Änderungen“ eingestuft werden, dazu soll es eine orientierende Checkliste für Hersteller geben, die das BfArM spätestens zur Veröffentlichung des DiGA-Verzeichnis bereitstellen will (5).
Fazit:
Der erste Schritt ist getan. Für alle Digital Health Pioniere sind die Rechtsverordnung und der DiGA-Leitfaden große Meilensteine, auf die wir lange hingearbeitet haben. Doch die Nutzung digitaler Tools und die Einbeziehung von den mit DiGAs generierten Daten, ist ein gigantischer Change Prozess, der Rollen, Aufgaben und Anforderungsprofile stark verändern wird. Wenn alle Akteure ihren Gestaltungswillen und ihren Mut zur Veränderung auf ein verbindendes Ziel ausrichten, dann kann etwas Großes gelingen: Die Optimierung der Patientenversorgung mit digitalen Tools als neue Bausteine in der Regelversorgung.
Weitere Infos zum Thema: DiGA-Verzeichnis: Zugang zu 73 Mio. Versicherten und hoher Aufwand für DiGA-Hersteller

Autorin:
Der Weg in die Regelversorgung über das DiGA-Verzeichnis ist eine Option für Hersteller Digitaler Gesundheitsanwendungen. Ob dieser Weg zu einer digitalen Anwendung oder einem Unternehmen passt, welche anderen Optionen es gibt und welche spezifischen Vor- und Nachteile dabei abzuwägen sind, dazu berät Dr. Ursula Kramer, Partnerin im Netzwerk der Healthcare Shapers, CEO sanawork und Digital Health Pionierin der ersten Stunde, Unternehmen der LifeScience und MedTech Branche.
Quellen:
- https://hih-2025.de/wp-content/uploads/2020/04/DiGAV_RefE.pdf
- https://hih-2025.de/wp-content/uploads/2020/04/DiGA-Leitfaden_2020.pdf
- https://hih-2025.de/virtueller-diga-summit-agenda-frageseite-dokumente-livestream/
- Marktstudie CE-zertifizierte Medizin-Apps 7/2019 https://www.healthon.de/marktstudien/2019/07/medizin-apps-ce
- Antwort BfArM am 23.04. auf Frage von HealthOn s. Twitter-Account https://twitter.com/UrsulaKramer12
- Veröffentlicht in Digitalisierung, E-Health
Digital Champions: Wer geht als Healthcare Mover voran?
Die internationale Healthcare Mover 2019 Studie, in der Beatus Hofrichter – Geschäftsführer des Strategieberaters ConCeplus und Partner der Healthcare Shapers – die Dynamik im Investitions- und Innovationsverhalten führender Gesundheitsakteure aufzeigt, geht in eine neue Runde: Analysiert werden im nächsten Schritt die Unternehmen der Life Science Branchen inkl. der IKT Firmen in Deutschland. Grundlage ist eine Benchmark-Analyse, die drei zukunftsweisende Geschäftsfaktoren beleuchtet, die agile Unternehmen besonders gut beherrschen und sich damit im Wettbewerbsumfeld positiv abgrenzen
Im Rahmen der qualitativen, internationalen Benchmark Studie HCM 2019 hat die Firma ConCep+ 6’800 Life Science Unternehmen, IKT-Firmen und Gesundheitsdienstleistern in Dänemark, Finnland, Großbritannien, Irland, Kanada, Norwegen, Österreich, Schweden und der Schweiz analysiert. Die Studie zeigt, was innovative und agile Unternehmen auszeichnet, die die Digitalisierung ihre Geschäftsprozesse und Business Modelle besser beherrschen, als ihre Konkurrenten. Auch in der Dynamik, mit der sie die digitale Transformation vorantreiben, heben sie sich deutlich vom Gesamtmarkt ab. Die skandinavischen Länder und Kanada sind besonders weit entwickelt, viele Unternehmen bieten dort bereits umfangreiche, digitale Angebote.
Was können Healthcare Movers besonders gut?
Jedes fünfte Unternehmen (+1’250/18.3%) zählt zu den sog. “Healthcare Movern” (HCMs), die digitale Transformation als Wettbewerbsvorteil nutzen und ihre Marktposition auf diesem Weg ausbauen. Diese HCM-Player konzentrieren ihre strategischen Investitionen auf drei Schlüsselfaktoren: 1. Daten entlang Behandlungspfaden ganzheitlich erfassen, 2. Next-Level-Technologien nutzen, und 3. Neue Geschäftsmodelle entwickeln.
Innerhalb dieser Healthcare Mover hebt sich die Top 100 HCM-Kohorte besonders deutlich ab: Sie nutzen hochinteressante, integrative Geschäftsmodelle im Gesundheitswesen, die weit über die traditionellen Kompetenzen der Kernbranche hinausgehen. Sie sind überdurchschnittlich aktiv in therapeutischen Bereichen wie Kardiologie, Neurologie, Onkologie inkl. Urologie und Gynäkologie sowie Radiologie.
Innovationsführer setzen auf integrierte digitale Lösungen
Der Marktanteile der Multi-Billionen-Dollar-Industrie ist hart umkämpft. Traditionell-orientierte Marktteilnehmer fokussieren immer noch sehr stark auf produktorientierte Innovationen. Im Gegensatz dazu setzen die neuen Innovationsführer auf integrierte digitale Lösungen, um ihre Marktbedeutung auszubauen. “Die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit im Gesundheitswesen geht aus agilen Konvergenzinnovationen hervor. Sie kombinieren neue Technologien und Gesundheitsdatenstrategien mit fachübergreifenden Kompetenzen und dem Ausbau ihrer IKT-Kapazitäten, um die Ergebnisse neuer, patientenzentrierter Angebote, jederzeit messbar zu machen”, betont Beatus Hofrichter, der die Methodik zum Benchmarking der Healthcare Movers entwickelt hat.
Strategische Partnerschaft mit IKT-Firmen
Die zukünftigen HCM-Gewinner setzen sehr stark auf technologische Neuerungen und sind in der Lage, ihre Geschäftsmodelle agil zu entwickeln und anzupassen. Wer zu den Global Top 100 HCMs zählt, sieht sich als Teil einer neuen Avantgarde und hebt sich deutlich ab (siehe Abb. von traditionellen Akteuren. Die Benchmarks für die Agilität von Geschäftsmodellen (0,71 Punkte) und die Nutzung von Next-Level Technologien (0,69 Punkte) sind entsprechend gut. Diese Life-Science-Unternehmen haben die Bedeutung strategischer Partnerschaften mit IKT-Firmen verstanden und entwickeln mit diesen Unternehmen ganzheitliche, integrierte Plattformen. «In allen Bereichen des Gesundheitswesens gilt es, Daten zu erfassen und daraus neue Erkenntnisse und Servicemodelle zu entwickeln”, ist Beatus Hofrichter überzeugt, der Unternehmen mit dem von ihm entwickelten Benchmark-Modell aufzeigen kann, wie gut sie im HCM Umfeld aufgestellt sind und welche Anpassungen heute erforderlich sind, um die Marktposition von morgen sichern zu können.

Wirtschaftsstandort Deutschland: HCM Studie 2020
Derzeit analysiert er im Netzwerk der Healthcare Shapers den deutschen Wirtschaftsstandort und fokussiert dabei auf die folgende Kernfrage: Wie gut sind Unternehmen darauf vorbereitet, im international datengetriebenen Wettbewerb zu bestehen und welche Unternehmen werden zukünftige eine dominierende Marktposition erobern? Wenn Wirtschaft und Politik verstehen, was erfolgreiche Innovatoren auszeichnet, können Investitions- und Förderkonzepte gezielt auf die Entwicklung der erforderlichen Kompetenzen fokussieren. Diese käme dann vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen der LifeScience Branche in Deutschland zugute und würde diesen helfen, im digitalisierten Marktumfeld clever mitzuspielen oder sogar als Gewinner aus dieser digitalen Transformation hervorzugehen.
Antworten liefert die HCM Study Germany 2020, welche kommenden September gemeinsam mit den Healthcare Shapers erstellt und publiziert wird.
Sind Sie interessiert, als Unternehmen an der Studie aktiv mitzuwirken? Dann freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
Über ConCeplus
Die ConCeplus GmbH (CC+) ist eine visionäre Strategieberatungsfirma mit Sitz in Weggis, Schweiz. Sie berät Mandanten und Institutionen jeder Größe, weltweit. Sie wendet firmeneigene, fundierte Erkenntnisse und Spitzenleistungen im Bereich Life Sciences & Healthcare an. CC+ unterstützt Kundenziele mit Begeisterung und Senior Expertise. Im Gegensatz zu einem traditionellen Berater nutzt CC+ sein proprietäres Netzwerk als Think Tank, um neue Geschäftsansätze für einen reibungslosen Einsatz unabhängig zu validieren. https://www.conceplus.ch//en
- Veröffentlicht in Digitalisierung, E-Health, Health-IT, Strategie
Mit AI zum Quantensprung im Pharma-Marketing
Relevante Erkenntnisse aus der Analyse großer Datenmengen ableiten, die mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (AI) untersucht werden, das ist das Prinzip, das sich Semalytix zunutze macht.
Ob zur Analyse der Außendienstkommunikation oder zum besseren Verständnis der Erwartungen von Patienten an Produkte oder zur Identifizierung von Problemen in der Alltagsbewältigung von Krankheiten: In allen Fällen geht es darum, große Datenmengen zu untersuchen, die unstrukturiert vorliegen, z. B. als Freitext.
Bisher verschlossene Datenquellen mit Hilfe von AI öffnen
Algorithmen können sehr schnell und sehr präzise Muster erkennen, aus denen sich Erkenntnisse z. B. zu Unmet Medical Needs ableiten lassen. Im Vergleich zu den klassischen Methoden der Marktforschung, liegen die Ergebnisse in Echtzeit vor, und gehen auf reale Daten aus der Lebenswirklichkeit vieler Menschen (Real World Data) zurück. Mit diesem agilen Ansatz lassen sich Hypothesen schnell bestätigen oder verwerfen, schneller als mit jeder Marktforschung, mit Fokusgruppen oder durch Interviews. Die Aussagekraft ist größer, weil die Basis der verwendeten Daten eine viel Breitere ist.
Semalytix, das aus der Universität Bielefeld hervorgegangene Start-up, hat seinen Sitz in Bielefeld, mitten in Deutschland. „Maschinen lesen schneller als der Mensch“ erläutert Janik Jaskolski, Gründer und CEO des Unternehmens im Interview. „Und wenn die Algorithmen mit den richtigen Stichworten programmiert sind, können sie unterschiedliche Datenquellen auswerten.“[1] Chatverläufe von Patienten oder Gesprächsnotizen des Außendienstes mit Ärzten erlauben Rückschlüsse auf Wirksamkeit von Therapien oder den Einsatz von Medikamenten. Auch Marktdaten von IMS oder andere Quellen von Drittanbietern lassen sich in die Analyse einbeziehen.
Seltene Erkrankungen: Mit semantischer Analyse zu neuen Erkenntnissen
Innerhalb weniger Wochen kann Semalytix Zusammenhänge aufzeigen, die sonst in zeit- und kostenaufwändigen Marktforschungsverfahren in Monaten oder Jahren erhoben werden. Insbesondere bei seltenen Erkrankungen bringt die semantische Analyse häufig neue Erkenntnisse und liefert Hinweise zu Unmet Medical Needs oder Disease Burden. Das ist für Selbsthilfeorganisationen und Plattformen wie Patients Like Me von großem Interesse, aber auch für Pharmaunternehmen, die damit viele Monate Entwicklungszeit einsparen.
Die ausgewerteten Daten werden auf einer Plattform zur Verfügung gestellt, Semalytix spricht von „Real World Evidence as a Service“. Mittels Visualisierung werden sogenannte Micro-Insights sichtbar, über die sich Marketing und Medical Affairs austauschen können, um z. B. Kampagne anzupassen.
AI – Treiber digitaler Innovationskraft in der Gesundheitswirtschaft
Jaskolski, der über sein Studium der kognitiven Informatik eine große Passion für Data Science entwickelt hat, beschäftigt bei Semalytix mittlerweile 65 Mitarbeiter, die meisten davon in einer ehemaligen Fabrikhalle, wo früher Kompressoren hergestellt wurden.
Deutschland, das in einer Ländervergleichsstudie zu digitaler Gesundheit weit abgeschlagen auf dem vorletzten Platz liegt [2], braucht Unternehmen wie Semalytix, die Beispiel geben für gelungenen Strukturwandel und digitale Innovationskraft in der Gesundheitswirtschaft.
Das Unternehmen nutzt Künstliche Intelligenz im Gesundheitskontext und gehört damit zu einer Branche, die die Erwartungen der Finanzinvestoren beflügelt [3]. Sie schaffen Nutzen für Patienten und helfen Pharmaunternehmen, neue Therapien zu entwickeln oder bestehende Produkte zu verbessern.
Quellen:
- https://www.youtube.com/watch?v=BZq90J02lFE&t=4s
- https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2018/november/digitale-gesundheit-deutschland-hinkt-hinterher/
- https://www.cbinsights.com/research/ai-artificial-intelligence-healthcare-funding-q3-19/utm_source=CB+Insights+Newsletter&utm_campaign=cc418d2ede-newsletter_general_Sat_20191130&utm_medium=email&utm_term=0_9dc0513989-cc418d2ede-89188433
- Veröffentlicht in Digitalisierung, E-Health, Launch, Pharma
Fähigkeitenlandkarte: Digitalturbo auch für Pharma & MedTech?
Geschäftsmodelle, Produkte, die Art der Zusammenarbeit – auf allen Ebenen schüttelt Digitalisierung Unternehmen durch: Das bekommt auch die Gesundheitswirtschaft zu spüren. Das Business verändert sich so schnell und nachhaltig, dass die Steuerung von Innovationsprozessen immer komplexer wird. Andere Märkte – Retail, Finance und vor allem Automotive – sind deutlich früher gestartet mit ihren digitalgetriebenen Transformationsprozessen. In allen Branchen ist ein Erfolgsmuster erkennbar, ist Dr. Sinan Perin überzeugt: „Die erfolgreichen Unternehmen entwickeln eine Landkarte der zukünftigen Fähigkeiten, die sie brauchen, um im veränderten Marktumfeld wettbewerbsfähig bleiben zu können. Sie prognostizieren die groben Veränderungen, auch wenn sie diese im Detail heute noch nicht kennen.“ Fähigkeiten – das ist nicht die Technik allein – und Fähigkeiten, damit ist auch nicht das Expertenwissen gemeint. Die Fähigkeitenlandkarte bildet die Gesamtbefähigung einer Organisation ab, Lösungen zu generieren für Herausforderungen von morgen. Und hier zählen Vielfalt und Tiefe sowie Mensch und Technik.
Interview Healthcare Shapers und marenas consulting
Die Healthcare Shapers und marenas consulting sind strategische Kooperationspartner seit 2019 (1). Günther Illert, Gründer des Healthcare Shapers Netzwerks und Dr. Sinan Perin, einer der beiden Geschäftsführer von marenas consulting im Gespräch.
Günther Illert: Mit Eurem fähigkeitenbasierten Ansatz schlagt Ihr einen neuen Weg ein. Worum geht es dabei?
Dr. Sinan Perin: Das Fähigkeiten-Management sichert den Einklang von Vorhaben mit der Strategie. In einem ersten Schritt wird die Strategie in Geschäftsfähigkeiten heruntergebrochen. Ein Zielhorizont von vier bis fünf Jahren haben wir in der Automobilindustrie bereits erfolgreich getestet und umgesetzt. Die Fähigkeiten umfassen einen Teil der heutigen Stärken. Jedoch müssen sehr viele völlig neue Fähigkeiten ausgebildet werden, von denen die meisten zudem IT basiert sind. Die Ergebnisse werden in einer Fähigkeitenlandkarte zusammengefasst und bieten so einen Referenz- und Orientierungsrahmen für die Stakeholder im Unternehmen: Auf den ersten Blick werden Fortschritte erkennbar und die notwendige Maßnahmen wie Ressourcenaufbau werden schnell ersichtlich. Die Stärke dieses Ansatzes ist die Prognose zukünftiger Fähigkeitsbedarfe. Auch wenn Produkte und Prozesse noch nicht exakt feststehen, sind die benötigten Fähigkeiten für das Vorhaben meist viel früher absehbar.
Günther Illert: Wie kann ich mir das konkret vorstellen?
Dr. Sinan Perin: Die Fähigkeitenlandkarte bietet die Möglichkeit, diese Lösungen analytisch und strukturiert zu erarbeiten und im Folgenden umzusetzen. Wir selektieren dann die Maßnahmen, die am schnellsten den höchsten Nutzen bringen, und setzen diese um, damit erste Ergebnisse schnell sichtbar werden und die Strategieumsetzung schnell vorangeht.
Günther Illert: KI-Anwendungen in der Gesundheitswirtschaft stecken vielfach noch in den Kinderschuhen, aber gerade etwa in der Radiologie und Pathologie werden bereits heute Diagnosen nicht mehr ohne unterstützende KI gestellt. Wofür brauchen wir den Arzt im digitaliserten Gesundheitswesen in aller erster Linie?
Dr. Sinan Perin: Unsere Vision in einer digitalisierten Healthcare Industrie ist es, dass KI-Lösungen eine medizinische Unterstützungsleistung liefern, die durch die Ärztin oder den Arzt gesteuert und bewertet werden. Ärzte haben dann wieder Zeit, die menschlichen Aspekte wie Empathie in den Vordergrund zu stellen. Nur so kann ein „analoger“ Arzt in 2-4 Minuten sowohl eine fachliche Diagnose liefern als auch empathischer Gesprächspartner der Patientin oder des Patienten sein.
Günther Illert: marenas consulting kommt ursprünglich aus der Automobilbranche. Wieso glaubst Du, dass Ihr in der Gesundheitswirtschaft reüssieren könnt?
Dr. Sinan Perin: Die gesamte Healthcare Branche steht vor einem großen Umbruch. Während einige gute Ideen und Ansätze zur Transformation da sind, wie beispielsweise diverse integrierte Diabetes Apps, fehlen den Unternehmen digitale Strategien, um diese umzusetzen – und manchmal auch der Mut bei den Entscheidern. Die Automobilbranche stand vor circa fünf Jahren an dem gleichen Scheidepunkt wie die Healthcare Industrie heute. Wir haben dort höchst relevante digitale Transformationsprojekte begleitet. Gemeinsam mit den Healthcare Shapers und deren Expertenwissen möchten wir nun Kunden im Healthcare Bereich optimale Lösungen zur effizienten Steuerung der richtigen IT Vorhaben anbieten und die Transformation vorantreiben. Deutschland hinkt im internationalen Vergleich in diesem Bereich bekanntlich hinterher (2).
Günther Illert: Was zeichnet marenas consulting insbesondere aus?
Dr. Sinan Perin: marenas zeichnet sich durch einen systemischen Beratungsansatz aus. Wir sind überzeugt, dass nur die Orchestrierung von Business, IT und Mensch einen nachhaltigen Mehrwert generieren kann. Unser Team besteht aus hochqualifizierten Expertinnen und Experten aus diversen Bereichen und Disziplinen sowie Trainern und Coaches. Wir unterstützen gesamthaft große Konzerne und deren umfangreiche IT-Programme – sehen es dennoch als Aufgabe an, in Einzelprojekten tatkräftig einzugreifen. Wir können Strategien in konkrete digitale Veränderungsschritte und -programme übersetzen. Unser Mehrwert liegt darin, Ergebnisse schnell sichtbar zu machen und dabei den People Aspekt mit entsprechenden Change- und Kommunikationsmaßnahmen als tragende Säule zu berücksichtigen. Unsere Erfahrung zeigt, dass Entscheider leider oftmals von Ängsten und Frustrationen anstatt von Mut und Innovationsgeist getrieben werden. Hier setzen wir an, um die Energie umzulenken und eine gemeinschaftliche, wertschöpfende Zusammenarbeit zu ermöglichen.
Über marenas consulting

marenas hat in zahlreichen Projekten für Kunden in hochkomplexen Umfeldern IT-basierte Lösungen entwickelt (3, 4). Im Februar 2019 haben die Healthcare Shapers mit marenas consulting eine strategische Partnerschaft geschlossen.
Quellen:
- „Agilisierung“ – Erfolgsfaktor für digitale Transformation der Gesundheitsbranche
- https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2018/november/digitale-gesundheit-deutschland-hinkt-hinterher/
- Weitere Informationen zu marenas consulting unter https://www.marenas-consulting.com/
- Den Artikel „Killing Time – Planen Sie den Tod Ihres Healthcare Geschäftsmodells“ in voller Länge unter https://www.marenas-consulting.com/wp-content/uploads/2019/09/Killing_Time_V01.pdf
- Veröffentlicht in Digitalisierung, E-Health, Market Access
Digitales Versorgungsgesetz: Der Weg für Apps bleibt steinig
Das Digitale Versorgungsgesetz (DVG) wurde in Windeseile verabschiedet – vom ersten Referentenentwurf bis zur Verabschiedung im Kabinett sind lediglich acht Wochen vergangen (1). Es ist ein ersten Aufschlag, von dem alle Beteiligten wissen, dass er im Detail viele Fragen offen lässt. Spahns “Agiles Regieren” passt in die Zeit, flexibel und schnell werden vermutlich auch die Stellschrauben nachjustiert werden müssen, wenn sich in der Umsetzung die Fallstricke zeigen. Die Regelungen zum Schutz der Nutzerdaten wurden bereits ausgeklammert und in ein zweites Gesetz gepackt (2), damit das Digitale Versorgungsgesetz in seinen Grundzügen noch vor der Sommerpause verabschiedet werden kann. Durch alle Gazetten geistern seitdem die Schlagzeilen von “Gesundheits-Apps auf Rezept”. Verständlich, dass viele App-Anbieter das große Geschäft wittern und die Tür zu Regelversorgung weit offen sehen. Doch vermutlich werden die Maßnahmen des DVGs für die meisten App-Anbieter und die meisten App-Nutzer wenig verändern, betreffen sie doch nur einen winzigen Bruchteil des Marktes der digitalen Gesundheitsanwendungen (3).
Neue gesetzliche Rahmenbedingungen für Digitale Gesundheitsanwendungen
- Digitale Gesundheitsanwendungen, sofern sie als Medizinprodukte zertifiziert sind, werden erstattungsfähig.
- Das BfArM soll diese Produkte in einem Verzeichnis aufnehmen und auf Sicherheit und Qualität testen (4). Wie das genau vonstatten gehen soll, bleibt vage.
- Der Nutzen der digitalen Anwendungen soll nach einem Jahr vom Anbieter belegt werden. Bis dahin erstatten die Krankenkassen den Herstellerpreis. Der geforderte Evidenzgrad des Nutzenachweises soll nach den Vorstellungen des Gesundheitsministers bewusst niedrig gehalten werden. Vermutlich sind es nicht die randomisierten, kontrollierten Studien (RCT), die der Gesetzgeber fordern wird.
Digitalisierungsgesetz: Nur winziger Bruchteil des Marktes im Fokus
Noch sind es wenige Apps, die als CE-zertifizierte Medizinprodukte in den App-Stores für Patienten verfügbar sind (3). Vermutlich werden sich jetzt viele Anbieter Gedanken machen, wie sich das ändern lässt, d. h. wie sie zu einer Medizinproduktezertifizierung und damit an die Geldtöpfe der Gesetzlichen Krankenkassen kommen. Doch Vorsicht: Im Vergleich zu Ernährungs-, Bewegungs-, Entspannungs-Apps werden Medizinprodukte kaum nachgefragt. Und auch nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes und der Erstattungsfähigkeit von Medizin-Apps ab 2020 dürfte sich daran vermutlich erstmal nicht viel ändern. Warum?
Digitale Therapiebegleiter – Neuland für Ärzte & Patienten
Wer hofft, dass Ärzte nach Inkrafttreten des DVG alle fröhlich digitale Anwendungen verschreiben, wird sich vermutlich irren. Denn für die meisten Gesundheitsberufe sind Apps als Arbeitsmittel zur Therapiebegleitung ihrer Patienten absolutes Neuland. Wie diese neuen Werkzeuge in die Versorgung integriert werden, ist völlig offen. Wer Apps empfehlen will, muss wissen, welche Apps es gibt – und ein Blick in das noch nicht näher beschriebene Verzeichnis des BfArMs wird diese Frage vermutlich nicht erschöpfend beantworten. Nur wer die Unterstützungsfunktionen, die Inhalte, die Schnittstellen zu Messgeräten etc. kennt, wird die Möglichkeiten und Grenzen der Anwendungen verstehen und entscheiden können, für welche Patienten welche App in Frage kommen. Wie hoch dabei der Kommunikationsaufwand wird, hängt auch vom Patienten ab, von dessen digitaler Kompetenz, dem Alter und seinen körperlichen sowie kognitiven Möglichkeiten. Damit nich genug – auch Fragen der Datensicherheit, der Analyse der vom Patienten erhobenen Messwerte oder Tagebucheintragungen oder des Exports von Befunden, Labordaten oder Therapieanleitungen in die Apps werden sich im Praxisalltag ganz neu stellen. Von der Auswahl williger und fähiger Patienten bis zur Besprechung von Daten und der Einbeziehung dieser Informationen in Therapieentscheidungen zeichnet sich ein komplexer, vollkommen neuer Prozess ab, dessen Erfolg vom Zutun vieler Faktoren abhängig ist:
- Es muss “gute” Apps für die Therapiebegleitung geben – die mit aussagefähigen Profilen gelistet sind, z. B. in einem Verzeichnis des BfArMs oder in anderen Bewertungsportalen, z. B. HealthOn.
- Arzt und Patient müssen diese Apps kennen und in der Lage und Willens sein, sie gemeinsam zu nutzen.
Für die Befähigung der Nutzer wird derzeit wenig getan. Es gibt Hilfe zur Orientierung (5,6), es gibt Initiativen, die die Digitalkompetenz von Senioren stärken (7). Die Ärzteschaft hat in der Kommentierung des Gesetzes bereits darauf hingewiesen, dass sie den erforderlichen Support für Patienten, was die Nutzung von Apps anbelangt, nicht leisten kann (8). Sie erwarten diesen Service von den Anbietern der Apps. Weil diese Unterstützung im konkreten Fall vermutlich auch Zugang zu sensiblen Gesundheitsdaten erfordert, ist fraglich, ob sich die Unterstützung der Patienten bei der Handhabung der Apps vollständig an Dritte delegieren lässt.
DVG ruft nach Stärkung digitaler Kompetenzen von Nutzern
App-Anbieter stehen vor der Frage, wie ihre App zum Medizinprodukt der Risikoklassen I und IIa werden kann, sie brauchen Partner, die Aufwand und Marktpotential abschätzen und eine erfolgreiche Market Access Strategie entwickeln können. Im interdisziplinär agierenden Beraternetzwerk der Healthcare Shapers finden sich diese Experten.
Angehörige der Gesundheitsberufe brauchen Fortbildung, um zu lernen, was digitale Medizinprodukte leisten können, welche Patienten davon profitieren und welche Voraussetzungen diese dazu mitbringen sollten. Apps müssen als digitale Bausteine in die Versorgungspfade integriert werden, d. h. sinnvoll in Praxis- und Klinikabläufe eingebunden werden. Bei Empfehlungen von Apps müssen Therapeuten auf Fragen von Patienten antworten können, der Fortbildungsbedarf ist hoch, es gibt wenige, qualitätsgesicherte Angebote (HealthOn Academy).
Krankenkassen sind in der Pflicht, Transparenz zu schaffen und ihren Versicherten aufzuzeigen, mit welchen digitalen Helfer sie sich in der Therapie und in der Prävention unterstützen können. Eine Plattform wie HealthOn bietet die erforderliche Orientierung und informiert u. a. auch über Qualitätssiegel (DiaDigital, Pneumodigital, HealthonEhrenkodex) und Datenschutzsiegel (9) von regulierten und nichtregulierten Gesundheits-Apps. Gesundheitspoltisch Verantwortlichen ist bewußt, dass die Stärkung der Digitale Gesundheitskomptenz ganz wesentlich über den Erfolg der Digitalisierung entscheiden wird.
Die Versorgungsforschung muss definieren, wie Daten in Apps und Wearables erfasst werden sollen, damit sie nutzbar werden für die Wissenschaft (10). Ziel ist es, den Bedarf und die Bedürfnisse von Anwendern an therapeutische Interventionen mit Hilfe der Daten aus der Lebenswirklichkeit von Patienten, sog. Real World Data (RWD) besser als bisher zu verstehen. Aufgabe wird es sein, den wissenschaftlich belegbaren Netto-Nutzen digitaler, komplexer Interventionen zu evaluieren. Deshalb spielt die praktische Ausgestaltung der sog. Datenspende für den Erfolg der Digitalisierung der Gesundheitsversorgung ebenfalls eine zentrale Rolle.
Über HealthOn
Seit der Gründung der Plattform HealthOn steht die Einschätzung von Qualität und Sicherheit digitaler Gesundheitsanwendungen und die Stärkung der digitalen Kompetenzen von Nutzern im Fokus der Arbeit von Dr. Ursula Kramer und ihrem Team. Die Digital Health-Expertin ist Partnerin im Netzwerk der Healthcare Shapers und teilt ihre Expertise:
- mit App-Anbietern, die die Qualität ihrer Angebote verbessern und sichtbar machen wollen (Qualitätspartnerschaft) und die Unterstützung brauchen auf dem Weg zur Zertifizierung ihrer Medizin-Apps als Medizinprodukte,
- mit Unternehmen der Gesundheitswirtschaft, die Leistungserbringern (Ärzte, Apotheker, andere Gesundheitsfachberufe) Orientierung geben wollen. Mit CME-zertifizierten Webinare, die Angebot, Sicherheit und Qualität von Gesundheits- und Medizin-Apps in unterschiedliche Indikationsschwerpunkten darstellen, stärkt sie die Digitale Kompetenz und App-Literacy (11, 12) von Gesundheitsfachberufen.
- mit Entscheidern im Gesundheitswesen, die über Marktstudien z. B. auch zu „Medizinprodukte-Apps“ Zugang erhalten zum Wissen über das derzeitige Angebot, über Nachfrage, Qualität und Sicherheit digitaler Gesundheitsanwendungen, um daraus strategische Impulse für die Entwicklung ihrer digitalen Leistungsportfolios abzuleiten.
Quellen:
- http://www.tagesschau.de/digitalisierung-gesundheitswesen-101.html
- https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/digitalisierung-im-gesu…
- Marktanalyse Medizin-Apps 7/2019. HealthOn.
- https://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/berufspolitik/article/…
- HealthOn: Online-Checkliste – Gute Gesundheits-Apps finden. https://www.healthon.de/checkliste
- https://www.aps-ev.de/wp-content/uploads/2018/05/2018_APS-Checkliste_Ges…
- https://www.healthon.de/blogs/2018/11/02/digitaler-stammtisch-senioren-d…
- https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Or…
- https://www.healthon.de/blogs/2018/05/17/siegel-f%C3%BCr-gesundheits-apps-markt%C3%BCbersicht-einordnung
- https://www.ebm-netzwerk.de/pdf/stellungnahmen/stn-dvg-20190611.pdf
- https://pharmacon.de/veranstaltungen/gesundheits-apps-zur-unterstuetzung…
- Online-Webinare GesundheitsApps: https://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/e-health/article/992160/d…
- Veröffentlicht in Digitalisierung, E-Health, Market Access
Qualität von Gesundheits-Apps: Brauchen wir ein Siegel?
Ob und warum ein Qualitätssiegel für Gesundheits-Apps gebraucht wird, steht immer häufiger im Fokus der Diskussionen von Datenschützern, Ärzteverbänden, Fachgesellschaften und Verbraucherschützern. Sie melden sich zu Wort und stellen Forderungen auf. Viele sehen den Gesetzgeber stärker in der Pflicht, fordern mehr Regulierung. Der derzeitige, gesetzliche Rahmen, den Datenschutz- und Medizinproduktegesetz bieten, scheint nicht auszureichen, um Verbraucher und Patienten vor digitalen Gesundheitsanwendungen zu schützen. Dabei ist doch vieles bereits geregelt, möchte man meinen. In der globalen Welt, die nicht Halt macht an nationalen Grenzen, liegt eine der großen Herausforderung in der Durchsetzung dieser Gesetze.
Regulierung – ein wirksames Antidot für Intransparenz?
Resultiert die Forderung nach Regulierung und Reglementierung aus dem Wunsch, die unübersichtliche Angebotsvielfalt einzudämmen auf ein Maß, das kontrollierbar ist? Sehen sich Leistungserbringer und Kostenträger zunehmend verunsichert durch den Ruf von Verbrauchern und Patienten nach Kontrolle über die eigene Gesundheit und die eigenen Gesundheitsdaten, durch ihren beherzten Griff zu digitalen Präventions-, Selbstbefähigungs-, Diagnose- und Therapieoptionen? Sicher wecken digitale Angebote, die rundum-die Uhr und individuell Hilfe bieten, neue Ansprüche, und verschieben möglicherweise die Kräfteverhältnisse in Richtung Patient. Was in vielen anderen Lebensbereichen bereits selbstverständlich ist, der Griff auf digitale Helfer, um mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten, Wissen abzurufen, Produkte zu kaufen, Services zu buchen, Anbieter zu bewerten, könnte bald auch im Gesundheitsbereich Einzug halten. Warum nicht auch das Smartphone nutzen, um mit Therapeuten zu chatten, Rezepte einzulösen oder Arzneimittel zu bestellen. Warum den inneren Schweinhund nicht digital überlisten, um Gesundheitsziele besser zu erreichen? „Der Geist ist aus der Flasche!“ Der Patient, der geduldig wartet, der sich damit arrangiert hat, die Sprache seines Arztes nicht verstehen zu können, scheint nach und nach durch eine neue Generation der Selbstoptimierer, der Daten- und Informationssammler abgelöst zu werden mit Anspruch auf medizinische Versorgung – jederzeit und überall. Und um diese Patienten vor den Gefahren durch Gesundheits- und Medizin-Apps zu schützen, fordern Datenschützer und Standesvertreter jetzt Gütesiegel ein, die Qualität sichtbar machen sollen.
Reale Gefahren kennen und mit Augenmaß steuern
Die Bedrohung der Patientensicherheit durch Gesundheits-Apps: Wie groß ist sie tatsächlich? Wie viele Menschen sind bisher zu Schaden gekommen? Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen zur unzureichenden Validität von Diagnose- und Symptomcheckern (1,2,3,4) und Schrittzählern (5), zu einer beliebten Blutdruck-App, die zu niedrige Werte ausgab und deshalb vom Markt genommen wurde. Es gibt Untersuchungen von Verbraucherschutzverbänden, die beklagen, dass Nutzer nicht explizit auf die Bedeutung der ärztlichen Abklärung vor Nutzung einer App hingewiesen werden. In den USA wurden einzelne Apps, die durch irreführende Wirkversprechen aufgefallen sind, vom Markt genommen. Angesichts der Vielzahl der App-Nutzer und Anwendungen, ist die Zahl der geahndeten Verstöße erstaunlich gering (6).
Auch in Deutschland ist es rechtlich unzulässig, wenn Anbieter in der Bewerbung ihrer Apps Wirkversprechen kommunizieren, die die Therapie oder Diagnose von Krankheiten betreffen, ohne dass diese Apps ein entsprechendes Konformitätsverfahren als Medizinprodukt durchlaufen haben. Gemäß § 3 Nr. 10 MPG ist für die behördliche Einstufung als Medizinprodukt jene Zweckbestimmung entscheidend, die der Anbieter in Gebrauchsinformationen und Werbematerialien (z. B. Website, App-Store-Information) zum spezifischen Produkt auslobt. Ein Haftungsausschluss im Kleingedruckten „Diese App ist kein Medizinprodukt“ schützt den Anbieter daher nicht vor Rechtsfolgen. Allerdings ist über Verstöße, die vom BfArm in Deutschland erkannt und geahndet worden sind, nichts bekannt. Auch keine Meldungen aus den sog. Surveillance-Programmen, die für Medizinprodukte verpflichtend sind, um Sicherheitsprobleme oder Schadensfälle im Zusammenhang mit der Nutzung einer App zeitnah zu erkennen und darauf im schlimmsten Fall mit einem Rückruf der App reagieren zu können. Das heißt nicht, dass von Gesundheits-Apps und Medizin-Apps nicht grundsätzlich Gefahren ausgehen. Fehl- oder Falschinformation, fehlerhafte Berechnungen oder Algorithmen, Verletzungen der Privatsphäre und unzulässige Nutzung gesundheitsbezogener persönlicher Daten – das alles sind potentielle Risiken. Diese durch einen Prüfprozess sicher auszuschalten, ist ein wünschenswertes Ziel. Die Spreu vom Weizen zu trennen und sichere und vertrauenswürdige Apps nach einem sorgfältigen Prüfprozess als solche mit einem Gütesiegel kenntlich zu machen, wäre ideal. Die Frage ist, ob und wie das möglich ist. Absolute Sicherheit wird es auch nach sorgfältigster Prüfung nicht geben, wer diese anstrebt, sollte auf die Nutzung von Gesundheits- und Medizin-Apps besser ganz verzichten.
Prä-digitale Ära: Nicht alles war besser!
Beim prüfenden Blick auf Gesundheits- und Medizin-Apps darf nicht vergessen werden, dass die Arzt-Patienten-Kommunikation auch ohne die Nutzung von Apps nicht frei von Fehlern ist. Viele Menschen kommen täglich aufgrund von Mängeln in der Kommunikation bezüglich ihrer Arzneimitteltherapie zu Schaden. Mit der Digitalisierung verbindet sich die Hoffnung, Kommunikationslücken zu schließen und Arzneimittelsicherheit zu verbessern, ein entsprechendes Modul (AMTS) ist daher als fester Bestandteil der Telematikinfrastruktur (TI) eingeplant.
Etablierte Qualitätskriterien haben weiterhin Bestand
Die Forderung nach einem Gütesiegel ist eng verknüpft mit der Frage, welche Qualitätsanforderungen eine solches Siegel stellen sollte. Aus der prä-digitalen Ära gibt es Kriterien für Gute Gesundheitsinformationen (7), die auch eine gute Gesundheits-Apps erfüllen sollte. Dazu zählen
- Unabhängigkeit, Fundiertheit und Relevanz von Gesundheitstipps und Unterstützungshilfen. Um dies einschätzen zu können, ist die transparente Offenlegung der hierfür erforderlichen Angaben des Anbieters notwendig.
- Evidenz der Empfehlungen. Der Evidenzgrad einer Empfehlung geht auf wissenschaftlich Belege zurück.
- Verständlichkeit der Aussagen, d. h. verständlich für die Patienten, an die sich die Information bzw. der Service richtet.
Erweiterter Qualitätsbegriff im digitalen Zeitalter
Bei digitalen Anwendungen wird Qualität darüber hinaus auch durch die sog. Anwendungsfreundlichkeit (Usability) bestimmt, d. h. die App muss einfach bedienbar sein und den Nutzer ansprechen (User Experience), um genutzt werden zu können. Nur dann wird sie nachhaltig genutzt und kann zur Erreichung langfristiger Gesundheitszielen beitragen.
Schutz und Sicherheit der Gesundheitsdaten: Ganz sicher eine Qualitätsdimension
Ausgetauscht wurden Patientendaten schon immer, mehrheitlich zwischen Therapeuten per Fax oder Brief, allerdings nicht in dem Ausmaß und nicht so einfach, wie das die Digitalisierung möglich macht. Auch diese Kommunikationskanäle konnten und können Datenverluste und Verletzung der Privatsphäre nicht ausschließen.
Durch das Aufzeichnen, Sammeln, Teilen und Versenden von Daten aus der Lebenswirklichkeit des Patienten mit Apps, Smartwatches und Wearables bricht die Big-Data Ära an: Zukünftig werden riesige Datensammlungen generiert (Big Data), von deren Auswertung sich die Wissenschaft neue Erkenntnisse und die Wirtschaft die Chance zur Entwicklung neuer Dienstleistungsangebote erwartet. Das weckt Begehrlichkeiten. Die Herausforderung wird es sein, intelligente Datenschutzkonzepte (z. B. Blockchain-Technologien) zu entwickeln, die den Patienten als Datencontroller in den Mittelpunkt stellen, ihm eine digitale Identität geben und ihn für seine neue Rolle qualifizieren. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bleibt auch im digitalen Zeitalter die entscheidende Zielgröße, die Wege der Umsetzung müssen neu gedacht werden. Aus diesem Grund wird die Qualität einer Gesundheits-App auch entscheidend von der Sicherheit des Austausches der mit ihre erhobenen Gesundheitsdaten bestimmt.
Qualität in der Regelversorgung fordert Nutzennachweis
In Deutschland gibt es keine App, die den Sprung in die Regelversorgung bisher geschafft hat, d. h. die auf Rezept von einem Arzt verordnet und den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse aufgenommen wird. Einige wenige Apps werden im Rahmen von Selektivverträgen (SGB V, §145a) erstattet (8). Welche Apps überhaupt dazu geeignet sind, behandlungsbedürftige Zustände aussichtsreich zu behandeln oder zu verhindern, so dass deren Einsatz bei vertretbarem Risiko einen gesundheitlichen Netto-Nutzen erwarten lassen, muss durch akzeptierte, wissenschaftliche Evaluationsmethoden belegt werden. Wie dieser Nutzennachweis methodisch geführt werden kann, beschäftigt die Versorgungsforschung. Die CE-Kennzeichnung jedenfalls lässt keine Rückschlüsse auf den Netto-Nutzen einer App zu, da das erforderliche EU-Konformitätsprüfverfahren diesen Nutzen gar nicht abprüft.
Gütesiegel – für welche Gesundheits-Apps?
Auf welche Apps sich diese Gütesiegel beziehen soll, bleibt in den Forderungen der ärztlichen Fachgesellschaften, der Datenschützer und der Verbraucherverbände häufig unklar. Bisher gehören Maßnahmen der Primärprävention nicht zum Hauptfokus der Ärzte, die Diagnose und Therapie steht im Mittelpunkt. Apps, die Therapie und Diagnose unterstützen, benötigen eine CE-Zertifizierung, d. h. sie sind als Medizinprodukte deklariert. Bisher sind das nur sehr, sehr wenige (9). Soll sich ein Gütesiegel nur auf diese wenigen Apps beschränken, wird es nicht wirklich zur Orientierung für die vielen Verbraucher und Patienten beitragen können.
Soll ein Gütesiegel auch auf Apps angewendet werden, die auf die Veränderung verhaltensbedingter Risikofaktoren abzielen, die z. B. Unterstützung beim Raucherausstieg, bei der Gewichtsabnahme bieten oder die motivieren zu einem bewegteren Lebensstil? Sinnvoll wäre eine Übersicht über Apps, die hier wirksame Hilfe bieten, schon. Schließlich lässt sich die Entstehung vieler Krankheiten mit hoher Krankheitslast in Deutschland und anderen Industrienationen mindestens teilweise auf lebensstilbedingte Risikofaktoren zurückführen (10). Die Herausforderung wird es sein, diese Apps zu identifizieren, denn das Angebot an Ernährungs-, Bewegungs- und Raucher-Apps zu prüfen, ist weit aufwändiger, weil die Zahl dieser Apps deutlich größer ist.
FAZIT: Es ist Zeit, von der Diskussions- zur Handlungsebene zu kommen, sich im Detail mit den praktischen Hürden in der Umsetzung von Forderungen zu beschäftigen und daraus gangbare Wege abzuleiten (11). Weil nur von einem bekannten und sichtbaren Gütesiegel die gewünschte Orientierung ausgehen kann, ist ein Schulterschluss aller Akteure und eine Bündelung ihre Ressourcen wünschenswert. Nicht jeder muss alle Erfahrungen selber machen und nicht alles ist neu, nur weil es digital ist. Es gibt eine ganze Reihe von Qualitätskriterien, die aus der prä-digitalen Welt stammen (7) und auf Gesundheits-Apps übertragen werden können (12). Und es gibt fundierte, unabhänge Expertise aus der systematischen Analyse des App-Angebotes in Deutschland, die man nutzen kann, um Verbrauchern, Patienten und Therapeuten die geforderte Orientierung zeitnah geben zu können (13, 14).
Die Autorin Dr. Ursula Kramer ist Expertin für Digital Health im Beraternetzwerk der Healthcare Shapers. Die Gründerin der größten Qualitätsplattform für Gesundheits- und Medizin-Apps in Deutschland berät Unternehmen der Gesundheitswirtschaft bei der Entwicklung ihrer digitalen Produkt- und Serviceportfolios und erstellt unabhängige App-Expertisen und Benchmark-Analysen für Gesundheits- und Medizin-Apps. Als Präsidentin des Vereins HealthOn engagiert sie sich für die Stärkung der digitalen Gesundheitskompetenz (Digital Health Literacy) von Verbrauchern und Patienten und Healthcare Professionals, denn ohne die Fähigkeit, digitale Gesundheitsanwendungen zum eigenen Wohl und selbstbestimmt zu nutzen, werden sich die großen Erwartungen auf mehr Qualität, Effizienz und Patientenorientierung im digital umgebauten Gesundheitssystems ihrer Meinung nach nicht realisieren lassen.
Quellen
- Wolf J., Moreau J., Akilov O. et al. Diagnostic Inaccuracy of Smarthphone Applications for Melanoma Detection, in: JAMA Dermatol., 149 (4). S. 422-426.
- Kassianos A.P., Emery J. D., Murchie P, Walter F. M. (2015). Smartphone applications for melanoma detection by community, patient and generalist clinician users: a review*. British Journal of Dermatology
- Semigran Hannah L, Linder Jeffrey A, Gidengil Courtney, Mehrotra Ateev. Evaluation of symptom checkers for self diagnosis and triage: audit study BMJ 2015; 351 :h3480
- Plante TB, Urrea B, MacFarlane ZT, et al. Validation of the Instant Blood Pressure Smartphone App. JAMA Intern Med. 2016;176(5):700-702. doi:10.1001/jamainternmed.2016.0157.
- Kooiman T et al. (2015). Reliability and validity of 10 consumer activity trackers. BMC Sports Sci Med Rehabil. 2015; 7: 24.
- Healthon 9/2015. Klage gegen Medizin-App, die Sehkraft verbessern soll.
- EbM Netzwerk & Universtität Hamburg. Leitlinie evidenzbasierte Gesundheitsinformation. Version 1.0. Erstellungsdatum 20.02.2017
- Healthon 8/2017. Kassenverträge für Gesundheits-Apps: Per aspera ad astra.
- Kramer, U. Wie gut sind Gesundheits-Apps? Aktuel Ernahrungsmed 2017; 42(03): 193-205. DOI: 10.1055/s-0043-109130
- Plass D et al. Trends in disease burden in Germany – results, implications and limitations of the Global Burden of Disease Study. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 629–38. DOI: 10.3238/arztebl.2014.0629
- Kramer, U. Lernen von Portalen weltweit. E-HealthCom 6/2017
- HealthOn-Ehrenkodex für Gesundheits-Apps
- HealthOn: Gesundheits-Apps: Noch mehr Transparenz für Verbraucher. Juli 2017
Datenschutz hat auch mit Interessenschutz zu tun: Interview mit Dr. U. Kramer Operation Gesundheitswesen. Der gesundheitspolitische Informationsdienst. OPG 17-29
- Veröffentlicht in Digitalisierung, E-Health
Umdenken gefragt: Wie Health-IT das Potenzial von E-Health-Konzepten ausschöpfen kann
Die neuen digitalen Möglichkeiten in der Gesundheitsversorgung wirken sich nachhaltig aus: auf die Beziehung zwischen Patient und Healthcare Professional sowie auf die Voraussetzungen, die Unternehmen der Healthcare-Branche mit passenden digitalen Strategien und IT-Inventar bieten müssen. Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf zukünftige E-Health-Konzepte? Und welche informationstechnologischen Voraussetzungen benötigen betroffene Unternehmen, um konkrete Werte aus der Digitalisierung zu schöpfen?
Im zunehmend digitalisierten Gesundheitsmarkt wandelt sich die Rolle des Patienten hin zum klassischen Verbraucher. Einer Umfrage von Deloitte1 zufolge zählen Unified Communications, sprich Medien, die Echtzeitkommunikation bieten, zu den neuen Kommunikationskanälen zwischen Patienten und Healthcare Professionals.
Auswirkungen der Digitalisierung auf die Gesundheitsversorgung im Jahr 2020
Tatsächlich entwickelt sich die digitale Healthcare mit Blick auf das Jahr 2020 in eine Richtung, wo sich die medizinische Versorgung zu Hause abspielt und nicht länger nur auf Arztpraxen, Ambulanzen oder Kliniken beschränkt ist. Dies ist der omnipräsenten digitalen Kommunikation geschuldet, die eine virtuellere Arzt-Patient-Verbindung und somit eine ortsunabhängige Versorgung erlaubt. Spezialisierte Healthcare wäre für den Notfall stationären Versorgungseinrichtungen vorbehalten. Lokale Tageskliniken würden Eingriffe vornehmen, die keinen langfristigen Klinikaufenthalt bedürfen. Und die Nachversorgung fände zu Hause beim Patienten statt.
Ein Beispiel für die digitale Kommunikation zwischen Patient und Leistungserbringer stellt die Video-Kommunikation mittels webintegrierten und integrierbaren Wireless Devices dar. Voraussetzung dabei: zertifizierte und gesetzeskonforme Lösungen.
Der Nutzen liegt in einer immensen Steigerung der Healthcare-Produktivität. Etwa durch eine Verkürzung oder Eliminierung von Wartezeiten, weil Routinechecks durch E-Visiten erfolgen. Und eine physikalische Untersuchung auf Distanz erlauben – unterstützt durch digitale Diagnosewerkzeuge. Das bringt einen wesentlichen Paradigmenwechsel mit sich: Die Patienten werden zu Eigentümern ihrer Krankenakte.
Dies wiederum setzt eine einheitliche Datenbasis und eine sichere Zugriffsmöglichkeit auf die Daten durch jeweils berechtigte Personen und Einrichtungen voraus. Und die Akteure müssen über unterschiedliche mobile und stationäre Devices auf die Daten zugreifen können.
Aus Health-IT-Sicht ist es notwendig, wissensbasierte, online verfügbare Datenbanken mit geregeltem und sicherem Realtime-Zugriff für Kliniken, Ärzte und Patienten aufzubauen. Diese Daten stellen zugleich eine wertvolle Quelle etwa für Pharma-, Medizin- oder Biotechnik-Unternehmen dar.
Bedeutung für die Health-IT als Voraussetzung und Träger der digitalen Transformation
Die Anforderungen an die Health-IT sind dadurch noch komplexer und vielfältiger geworden2. Für die oben genannten Unternehmen bedeutet das den Aufbau leistungsfähiger CRM-Systeme mit Cloud-Anbindung und E-Commerce-Plattform. Als neues Modell zur Verbesserung von Marketing, Kundenmanagement, Vertrieb bieten moderne, skalierbare B2B-E-Commerce-Plattformen vielfältige Vorteile: Sie vernetzen im Innenverhältnis die Benutzergruppen des Marketings, Vertriebs und Produktmanagements sowie alle technischen Backend-Systeme, wie PIM, CRM, ERP und BI, sinnvoll miteinander. Dadurch nutzen sie Synergieeffekte und bieten eine zentrale Anlaufstelle für die gesamten Vertriebsaktivitäten – inklusive transparenter, externer Plattformen für Patienten, Healthcare Professionals und Krankenhäuser.
Die verbesserte Prozessvernetzung und das Optimierungspotenzial führen zu hohen Kosteneinsparungen. Eine moderne E-Commerce-Plattform bedeutet also Ersparnisse bei Lizenzen, Wartung und Softwarepflege, Betrieb und Entwicklung. Und ermöglicht den Unternehmen, die gesamte digitale Vertriebskette zentral zu steuern:
- EDI Plattformen mit direkter Anbindung an EDI Clearing Provider
- E-Procurement Plattformen für mittelständische Kunden
- Webshops für kleinere Kunden
- Mobile Apps für Vertriebsmitarbeiter
- Key-Account-Integrationen für Punch-Outs
- Distributor Portale/-shops für internationale Vertriebspartner und Distributoren.
Ein sogenanntes „Replattforming“ vernetzt bestehende Backend-Systeme zu einer ganzheitlichen Kundeninteraktionsplattform und einem vollumfänglichen Vertriebsinformationssystem. Auf der Basis einer solchen hochintegrierten, modernen und skalierbaren E-Commerce-Plattform kann digitale Transformation gelingen und das Augenmerk auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle gelegt werden.
Quellen:
1 Deloitte „Healthcare and Life Sciences Predictions 2020”
2 Capgemini „Studie IT-Trends 2017“
- Veröffentlicht in Digitalisierung, E-Health, Health-IT
Brauchen wir noch mehr Gesundheitsapps?
Wie Ralf Jahns, einer der Partner aus dem Beraternetzwerk der Healthcare Shapers erläutert, hat es bislang kein Pharmahersteller geschafft, mit einer Gesundheitsapp wirklich PS auf die Straße zu bringen. Aber dennoch steigt die Anzahl verfügbarer Apps weiter an. Gleichzeitig sinkt die Anzahl der Downloads.
Gibt es also zuviele Apps? Oder taugen sie einfach nicht? Wo ist der Nutzen für Gesundheitsunternehmen, wenn sie sich auf Apps einlassen?
Dass auch Gesundheitsunternehmen die Chancen der Digitalisierung ergreifen sollten, ist aus Sicht der Healthcare Shapers keine Frage. Aber dass das nicht gleichzeitig bedeuten muss, eigene Apps herauszugeben, liegt auch an der Hand.
Was mir deshalb an der diesjährigen und mittlerweile 7. Studie zu mHealth unseres Partners Ralf Jahns gefällt, ist die Tatsache, dass besonders die Schnittstelle zwischen Pharmaunternehmen und App-Entwicklern beleuchtet wird. Denn hier treten die unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten der Gesundheitswirtschaft und der Technologiebranche besonders zutage.
Wer die Fragen beantwortet, kann sich die Ergebnisse der Studie kostenlos zusenden lassen. Klingt aus meiner Sicht nach einem gutem Nutzen für die Teilnehmer, oder?
Hier geht’s zur Umfrage: http://survey.research2guidance.com/s3/hcs
Ich wünsche interessante Erkenntnisse
Günther Illert
- Veröffentlicht in Digitalisierung, E-Health, Health-IT
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